After-Ski-Party in Ischgl? Gepflegt abhängen im angesagtesten Club auf Malle? Da kann Linda Gläß nur lachen. Die 18-Jährige aus Breitenbrunn im Erzgebirge hat die wohl coolste Location auf diesem Planeten gefunden. Dort steppt nachts der Bär derart durch die Sträßchen, dass es eigens eine Bären-Polizei gibt. Über ein halbes Jahr lebte Linda in einem Außenposten Kanadas am Rande der Arktis. In Churchill, der “Welthauptstadt der Eisbären”, arbeitete sie als Zimmermädchen im “Seaport Hotel”. Geholfen hat ihr bei der Verwirklichung ihres Traums die Jugendaustauschorganisation Stepin. Linda: “Ich kann jedem nur empfehlen, sich professionelle Hilfe zu holen, wenn er zum ersten Mal ins Ausland will und sich unsicher fühlt.”

Diese beiden von der "Bear Patrol" lassen sich so schnell keinen Bären aufbinden: Donald Spence (mit Gewehr) und Jack Batstone (im Wagen) retteten Linda vor dem weißen Ungetüm am Strand der Hudson Bay.

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Die Bären sind los

In Churchill im “Far North” ist es selbst den meisten Kanadiern zu ungemütlich und trostlos: Nur 963 Einwohner hat das Nest, eine Handvoll Hotels für 18.000 Touristen pro Jahr, ein Krankenhaus für ein Gebiet größer als Deutschland, einen Hafen, ein Fort, ein Flugzeug- und ein Schiffswrack, einen Bahnhof für drei Züge pro Woche, die sich 38 Stunden von Winnipeg hinauf durch Taiga und Tundra kämpfen. Zur nächsten Siedlung sind es acht Stunden Fahrzeit. Mit dem Snowmobil, denn Straßen führen nicht raus. Deshalb schließt auch keiner sein Auto ab. Damit kann ja eh niemand abhauen. Und im Notfall rettet eine offene Autotür Leben. Denn – wie gesagt – hier sind die Bären los. Jedes Jahr ab Mitte Oktober wandern 1.000 von ihnen aus der Tundra an die Hudson Bay und warten darauf, dass sie zufriert und die Robbenjagd beginnen kann.

Wildnis und Einsamkeit

Damit es möglichst nicht zu Zusammenstößen der blutigen Art kommt, gibt es eigens eine Bären-Notfallnummer. In Minutenfrist sind die Männer von der “Bear Patrol” da, um Meister Petz mit Platzpatronen-Geballer zu verjagen – oder in den örtlichen Bärenknast zu sperren. Linda kennt das Gefühl, sich urplötzlich einem 600-Kilo-Koloss gegenüberzusehen: “Ich stand am Strand und träumte vor mich hin. Und plötzlich kommt ein Eisbär aus dem Wasser. 30 Meter vor mir. Da waren aber auch schon Donald und Jack von der ,Bear Patrol’ da.” Trostlos, unwirtlich, kalt und stürmisch ist’s in Churchill. Aber genau das schweißt die Menschen hier zusammen, prägt Charakter und Zusammenleben. Und das ist es, was Linda mag: “Ich liebe das Leben und die Leute hier, die Landschaft, das Meer. Alles ist einfach, kein Luxus, und trotzdem sind alle zufrieden.”

Unter www.stepin.de gibt es alle Informationen zu diesem und vielen anderen Programmen.